Die kulturelle Jugendbegegnung in Reymontowka – Polen 2025 – eine Rückschau
Am 16.06.2025 machen sich zehn ausgewählte SchülerInnen der DS-Kurse Klasse 10 und 11 auf den Weg weit in den Osten Polens – 80 km sind es von hier noch bis Weißrussland. Diese zehn SchülerInnen wurden ausgewählt aufgrund ihres besonderen Engagements im Fach DS, viele von ihnen sind dazu auch engagierte SängerInnen im Chor. Die vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk finanzierte Fahrt ist eine Auszeichnung für diesen besonderen Einsatz.
Neben den 10 Jugendlichen aus Deutschland verbringen dieses Jahr jeweils 10 polnische und 10 slowakische Jugendliche diese Woche in Reymontowka, einem ehrwürdigen Landsitz des polnischen Literaturnobelpreisträgers Reymont, dessen Witwe diesen Ort bereits 1926 dem Austausch und er Verbreitung der Künste widmete. Ein Kulturprogramm wird dementsprechend dort auch von jeder teilnehmenden Nation erwartet, und so beginnt unsere gemeinsame Reise eigentlich bereits zu Hause mit zwei Probentreffen, in denen wir unseren kulturellen Abend geplant und gestaltet haben. Kein Problem für DS – SchülerInnen – die sind öfter mal außerhalb der normalen Betriebszeiten in der Schule 😉.
Nach einer langen aber durchaus beschwingten Busfahrt, werden wir auf den ehrwürdigen Stufen von Reymontowka mit einer rührenden Herzlichkeit willkommen geheißen:
Alle anderen jugendlichen TeilnehmerInnen und sämtliches Personal hatten sich zu unserer Ankunft auf den Stufen versammelt und winkten uns mit Fahnen und Spruchbändern entgegen, als unser kleiner Bus in das blühende Rondell einbog, was eigentlich eher nach einer Anreise per Pferdekutsche anmutete. Reymontowka atmet den Geist vieler Generationen von KünstlerInnen, die hier gearbeitet, geschaffen, wahrscheinlich gefeiert und zeitweise gelebt haben. Ölgemälde an den Wänden, dunkle Holztäfelungen, ein Flügel im Salon, eine Bibliothek, alte Dielen, ein Park, Ruhe und Weite drum herum und viele kleine Zimmer, in die wir uns nun verteilen durften. Absolute Harmonie in der Gruppe – keine Diskussionen…herrlich!
Beim Essen an liebevoll weiß gedeckten Tischen, was im Übrigen die ganze Woche über unglaublich köstlich war, teilte man uns mit, dass an demselben Abend noch eine Talentshow geplant sei, bei der jede/r zeigen sollte, was sie/er besonders gut kann. Oh…! Gleich war klar, dass alle gemeinsam auf die Bühne gehen würden, und schnell war die Entscheidung für den Song aus unserem letzten Stück gefallen – Live – Begleitung an Flügel und Gitarre inklusive – wozu hat man schließlich zwei Musiklehrerinnen dabei 😊 Auch war an diesem Abend klar, dass die meisten der anderen Jugendlichen durchaus nicht eine derart kulturaffine Vorgeschichte mitbringen wie wir. Fußball und Handys waren hier eher im Focus des Interesses.
Der Einstieg in die gemeinsame Arbeit auf der Bühne lief etwas schleppend. Die Diskrepanz zwischen den slowakischen Fußball-Jungs, die vor der Woche noch geschworen hatten, auf keinen Fall eine Bühne zu betreten, um dort Theater zu spielen, zu singen, geschweige denn zu tanzen, und einigen polnischen Mädels, die den Eindruck vermittelten, sie wollten eigentlich gar nichts, außer mit ihrem Handy in Ruhe gelassen zu werden, und 10 Leuten, die seit 2-3 Jahren intensiv Theater gespielt, auch Lust auf Bühne haben, war einfach sehr groß. Das Ziel war es dennoch, hier echte Begegnungen und Austausch stattfinden zu lassen, und ganz nebenbei in der Woche zu einem für alle erfüllenden und herzeigbarem Abschlussstück zu kommen.
Dafür hatten wir doch ein paar Tools in der Tasche, und so erklärten uns nach einem Gespräch in großer Runde bereit, die hier einzubringen und nach der Pause die Proben-Sessions zu leiten, schickten alle Jugendlichen raus zum verpflichtenden gemeinsamen Fußballspielen und entwarfen ein Konzept, das es den Jugendlichen ermöglichen würde, die Gestaltung selbst und gemeinsam in die Hand zu nehmen.
Als wir die jugendliche Truppe voller Grasflecken, verschwitzt und glücklich dann zum Essen wiedertrafen wussten wir: reden hilft, gemeinsam Fußball spielen auch und … wir haben uns hier eben wohl ein Projekt und auch die Verantwortung, die daran hängt, an Land gezogen. Nebenbei lief schließlich zu Hause auch noch ein bisschen Unterricht, der zu betreuen war und etliche Stapel Klausuren und Tests hatten wir, in Erwartung einer ruhigen Woche, auch im Gepäck. Nun also Proben vorbereiten, Theaterspiele und Chorproben leiten, das ganze Programm von „Aktionspolonaise“ bis „Zappelige Standbilder“, Gruppen bilden und dafür sorgen, dass diese echte Begegnungen ermöglichen. Dann geben wir die Probenleitung an unsere Jugendlichen ab und die weitere Gestaltung in ihre Hände.
Was diese 10 jungen Menschen in dieser Woche an Kompetenzen gezeigt und dazugelernt haben, war eine Wucht zu erleben! Es war das schönste Geschenk zu sehen, wie sie die Werkzeuge, das Handwerk der letzten 2-3 Jahre Theaterunterricht so mutig und selbstverständlich nicht nur abrufbar haben und selbst einsetzen, sondern auch noch anderen vermitteln können. Gruppen leiten (auf Englisch…), Leute anderer Länder trotz großer Verständigungshürden motivieren, Szenen absolut kreativ gestalten und gleichzeitig Teil der Gruppe sein, das ist wirklich eine Leistung. Abends auf der Bettkante und immer wieder zwischendurch gab es ganz offene und fröhliche Berichterstattung von den Proben für uns.
Am Mittwoch waren wir in Warschau. Ein schöner Tag in einer schönen Stadt bei traumhaftem Wetter.
Unser Kulturprogramm am Donnerstag haben wir bestens vorbereitet und mit viel Spaß auf und über die Bühne gebracht. Entsprechend der Lehrerinnen-Besetzung gab es hier einen in dem Fall sehr körperlich gearbeiteten Theaterteil und einen musikalischen, in dem die Jugendlichen ein paar hundert Jahre deutscher Musikgeschichte von Bach über Roland Kaiser und Peter Fox bis Zahide im Schnelldurchlauf und voller performativer Inbrunst zum Besten gegeben haben. Zur Freude aller Anwesenden.
Jeden Abend wurde gemeinsam getanzt und gelacht, und die Woche gipfelte natürlich in einer fulminanten kleinen Abschlussperformance mit Theater, Gesang und Tanz (einer davon für die ganze Gruppe sensationell choreographiert und einstudiert von einer unserer Schülerinnen!), in der die Fußball-Jungs und die vormals mauligen Mädels gleichermaßen ganz mit Freude bei der Sache und voll motiviert waren.
Sehr berührt hat uns der überschwängliche Jubel und die offene Herzlichkeit, die uns von allen Jugendlichen danach entgegenflog. Auch von der Projektleitung wurde uns große Wertschätzung für unseren Einsatz entgegengebracht, und am Ende stellten wir gemeinsam fest, dass hier auch zwischen den anwesenden Erwachsenen ein echter Austausch stattgefunden hat, von dem alle profitiert haben.
Am Abend Lagerfeuer, wieder gemeinsam Fußball spielen, Tanzen, viele Umarmungen und am Ende, als am nächsten Morgen dann wieder alle auf der Treppe standen, um uns gemeinsam Adieu zu winken, auch etliche Tränen.
So ging die Woche am Sonntag zu Ende. Mit Freude und Dankbarkeit über die vielen schönen Begegnungen im Gepäck und dem Gefühl, Teil einer wunderbaren Gemeinschaft gewesen zu sein, in der wir uns verstehen gelernt und alle unseren Horizont erweitert haben – und genau darum sollte es ja gehen. Wir hoffen sehr, dass diese Fahrt zur Tradition wird, und noch viel mehr junge Menschen in den Genuss dieser besonderen und prägenden Zeit kommen.
DANKE! Franziska Schade und Ulrike Hanitzsch
